07.11.2018 | 15:00 – 18:00 Uhr Plattform Gesundheit
Vor knapp zehn Jahren wurde der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) eingeführt. Ziel war es, die Zielgenauigkeit des Finanzausgleichs zu erhöhen und Anreize zur Risikoselektion zu senken. Trotz wiederholter Korrekturen am Verfahren, zeigten sich zügig erste Unwuchten. Seit 2013 geht die Schere aus Über- und Unterdeckungen auf Ebene der Kassenarten auseinander. Während eine Kassenart Überschüsse erzielt – für das Ausgleichsjahr 2016 waren es insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro –, erhalten alle übrigen Kassenarten weniger Zuweisungen als sie für die Versorgung ihrer Versicherten benötigen. Die Hintergründe sind vielfältig, aber eine Fehlsteuerung der Zuweisungen durch den Morbi-RSA ist unverkennbar.
Die Forderungen nach einer tiefgreifenden Reform des Morbi-RSA sind unüberhörbar. Neben den bestehenden Manipulationsanreizen stehen vor allem die immensen Überdeckungen für multimorbide Versicherte, fehlende Präventionsanreize und regionale Marktkonzentrationen in der Kritik.
Die Politik hat mit der Beauftragung von Gutachten reagiert. Das Ende 2017 vorgelegte Sondergutachten des Wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim Bundesversicherungsamt (BVA) bestätigt zwar Manipulationsanreize, Wettbewerbsverzerrungen und Marktkonzentrationen, sieht die Verantwortung hierfür jedoch vor allem außerhalb des RSA. Der Beirat bleibt seiner Linie treu und empfiehlt die Zielgenauigkeit auf Versichertenebene durch eine Ausweitung des Ausgleichs auf alle Krankheiten weiter zu erhöhen. Ein zweites Gutachten des Expertenbeirats des BVA, das Mitte Juli veröffentlicht wurde, hat Vorschläge für die Einführung einer Regionalkomponente ins Auge gefasst.
Im Koalitionsvertrag heißt es zur Reform des Morbi-RSA: „Unter Berücksichtigung der Gutachten des Expertenbeirats des Bundesversicherungsamtes (BVA) werden wir den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich mit dem Ziel eines fairen Wettbewerbs weiterentwickeln und ihn vor Manipulation schützen.“ Mit dem GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKVVEG) hat der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ernst gemacht: Bis Ende 2019 soll eine Morbi-RSA Reform stehen! Doch wie kann die Quadratur des Kreises gelingen?