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Meine Sicht 3-2025

Jürgen Hohnl, Geschäftsführer IKK e.V.

Es ist schon erstaunlich, wie viele Alarmglocken schrillen, sobald jemand daran erinnert, dass mit dem § 71 der Beitragssatzstabilität im SGB V ein eigenständiger Paragraph gewidmet ist. Von der „Axt an die Versorgung“ ist da zu lesen, von „Praxissterben“ wird geraunt – die übliche Panikflöte. Dabei geht es um die simple Regel, dass Einnahmen und Ausgaben ins Gleichgewicht zu bringen sind. Nicht nur die „schwäbische Hausfrau“ weiß: Man darf nicht dauerhaft mehr ausgeben, als man einnimmt.

Die gesetzliche Krankenversicherung schleppt seit Jahren ein strukturelles Defizit mit sich herum. Die Beitragszahlenden – Versicherte und Arbeitgeber – tragen die Last! Der Grund hierfür liegt nicht nur darin, dass den Krankenkassen nach und nach Steuerungsoptionen genommen wurden, sondern auch daran, dass die besagte Regelung durch eine Fülle von Einschränkungen verwässert wurde. Die vermeintlich segensreichen „Ausnahmetatbestände“ sind dabei nichts anderes als Löcher im Deich. Und jetzt, wo das Wasser steigt, gelten manche schon das Stopfen dieser Löcher als Angriff auf die Versorgung. Wer so argumentiert, verkennt entweder bewusst die Lage oder hofft, dass sich das Defizit z. B. durch ein gesteigertes Wirtschaftswachstum von selber auflöst.

Angesichts der aktuellen finanziellen Situation in der GKV ist eine Wiederbesinnung auf Steuerungsoptionen überfällig. Das zeitweise Aussetzen der Ausnahmetatbestände, wie vom GKV-Spitzenverband gefordert, schafft Leitplanken und zwingt alle Beteiligten zurück auf die Fahrbahn. Aber klar ist auch: Das allein rettet das System nicht. Solange versicherungsfremde Leistungen aus Beitragsgeldern bezahlt werden, solange der Bund seinen Steueranteil kleinrechnet und solange die Politik den Reformdruck in Kommissionen vertagt, bleibt die Beitragssatzstabilität ein Lippenbekenntnis.

Vielleicht hilft es, dem ersten Satz im ersten Absatz des § 71 nicht als „Axt an der Versorgung“, sondern als notwendige Vorgabe zu sehen, um gemeinsam zu einer effizienten Versorgung zu kommen. Die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler würden dies sicherlich begrüßen.