Innungskrankenkassen: Endlich die wesentlichen Themen in der Gesundheitspolitik angehen!

Delegierte der Mitgliederversammlung des IKK e.V. fokussieren Finanzierung der GKV und Krankenhausstrukturreform und sprechen sich für eine Erweiterung des Mutterschutzes aus

Die Bundesregierung soll den Reformstau im Gesundheitswesen beenden und die im Koalitionsvertrag verankerten Ziele in ihrer zweiten Halbzeit nun endlich angehen. Dies forderte die Mitgliederversammlung des IKK e.V. in ihrer heutigen Sitzung. Nach der Neukonstitution der Verwaltungsräte der Innungskrankenkassen hat nun auch die Mitgliederversammlung des IKK e.V. in ihrer neuen Zusammensetzung getagt.

Für die ehren- und hauptamtlichen Delegierten der Innungskrankenkassen sind folgende Schwerpunktthemen prioritär: Zum einen muss dringend eine solide und nachhaltige Finanzreform für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf den Tisch gelegt werden. „Mir ist unbegreiflich, warum die vom Gesetzgeber im Rahmen des GKV-Finanzstärkungsgesetz geforderten Eckpunkte für eine stabile Finanzierung der GKV dem Parlament noch immer nicht vorliegen“, sagt der Vorstandsvorsitzende des IKK e.V., Hans Peter Wollseifer. Aus seiner Sicht stehe zu befürchten, dass das erwartete Defizit im laufenden Jahr wiederum zum Großteil durch die Beitragszahlenden, also die Arbeitgeber und Versicherten, ausgeglichen werden müsse, weiß Wollseifer. „Während sich Bund und Länder offenbar weiterhin ihrer Verantwortung beispielsweise für die Übernahme der versicherungsfremden Leistungen verweigern, haben die Innungskrankenkassen konstruktive Vorschläge zur GKV-Finanzierung und zur Ausgabensteuerung vorgelegt. Und zwar für eine Verbreiterung der Einnahmenbasis einerseits – z. B. eine Umwandlung der Genusssteuern in eine Sonderabgabe zugunsten des Gesundheitsfonds oder auch die Einbeziehung der Digitalwirtschaft in die Sozialversicherung – und andererseits ein Konzept für die Ausgabenseite. Der Vorstandsvorsitzende erläutert: „Hier sehen die IKKn Einsparpotenzial, in dem Steuerungs- und Lenkungsoptionen für die konkrete Versorgung der Versicherten ausgeweitet werden.“ Die Innungskrankenkassen haben errechnet, dass die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler alleine mit verschiedenen, kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen auf der Einnahmenseite insgesamt in einer Größenordnung von 33,35 Milliarden Euro entlastet werden könnten. „Das wäre sowohl ein Sozial- wie auch ein Wirtschaftsförderungsprogramm“, so Wollseifer.

Zum anderen ist die Umsetzung der Krankenhausstrukturreform aus Sicht der Innungskrankenkassen dringend erforderlich. „Die Debatte um die Krankenhausstrukturreform ist in vollem Gange“, erläutert Hans-Jürgen Müller, Vorstandsvorsitzender des IKK e.V. Die Innungskrankenkassen begrüßen dabei zunächst die im Krankenhaustransparenzgesetz geregelten Maßnahmen für ein Register der Qualitätssicherung und Transparenz im stationären Sektor. Sie sehen darin eine wichtige Grundlage für eine selbstbestimmte und qualitätsorientierte Auswahlentscheidung für Patientinnen und Patienten bei der Suche eines für eine Behandlung geeigneten Krankenhauses. „Aber wir fordern auch hier die Einbindung des Gemeinsamen Bundesausschusses und damit der gemeinsamen Selbstverwaltung“, so Müller. Ein Anschluss an die bereits bestehenden Qualitätssicherungsmaßnahmen müsse gewährleistet werden. „Sonst bleibt es bei einem ‘Gut gemeint‘“, befürchtet Müller.

Die Innungskrankenkassen betonen, dass die Transparenzinitiative nicht eine grundlegende Strukturreform ersetzen kann. Müller äußert die grundlegende Sorge: „Aktuell befürchten wir, dass das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz in der geplanten Form torpediert wird und das originäre Ziel der Reform aus den Augen verloren geht. Eine umfassende Reform sei für eine flächendeckende, wohnortnahe, effiziente, qualitätsorientierte und stabile stationäre Versorgung der Patientinnen und Patienten dringend notwendig.“ Der aktuell vorliegende erste Arbeitsentwurf eines Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) sei noch zu wenig ausgestaltet und die Folgekosten sowie der Erfüllungsaufwand seien noch völlig offen. „Auch hier sind bei allen Entscheidungen die Partner der Selbstverwaltung zwingend mit einzubeziehen“, fordert der Vorstandsvorsitzende.

Ein weiteres Thema haben sich die Delegierten der Mitgliederversammlung des IKK e.V. bei ihrer heutigen Sitzung auf die Agenda gesetzt: Die Innungskrankenkassen setzen sich für eine Erweiterung des Mutterschutzes bei Fehlgeburten ein. Die Vorstandsvorsitzenden des IKK e.V. Wollseifer und Müller erklären die Problematik: „Mutterschutz ist gerade für Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden mussten, besonders wichtig. Denn im Gegensatz zu einer Totgeburt (Entbindung nach der 24. Schwangerschaftswoche) haben Mütter bei Fehlgeburten keinen oder nur ganz begrenzten Anspruch auf Mutterschutz.“ Dies heiße konkret, dass Frauen mit einer Fehlgeburt bereits am nächsten Tag wieder arbeiten müssten. „Das kann und darf nicht sein!“, betonen die Vorstandsvorsitzenden. Im Koalitionsvertrag sei dieses Thema zwar angesprochen, aber noch lägen keine Pläne für die Umsetzung vor. „Die Innungskrankenkassen sind bereit, sich hier inhaltlich einzubringen“ so die Vorstandsvorsitzenden.

Der IKK e.V. ist die Interessenvertretung von Innungskrankenkassen auf Bundesebene. Der Verein wurde 2008 gegründet mit dem Ziel, die Interessen seiner Mitglieder und deren 5,1 Millionen Versicherten gegenüber allen wesentlichen Beteiligten des Gesundheitswesens zu vertreten.