Meine Sicht 1-2024

Jürgen Hohnl, Geschäftsführer IKK e.V.

Schon 2023 wurde als das Jahr der Reformen im Gesundheitswesen ausgerufen, tatsächlich wurde jedoch wenig umgesetzt. Nun soll es dieses Jahr endlich klappen! Man darf gespannt sein, was angesichts knapper Haushaltskassen von Bund, Ländern und Krankenkassen und hohen Ansprüchen der Leistungserbringer tatsächlich umgesetzt wird. Doch jenseits von Finanzenproblemen und interessenspezifischen Forderungen gibt es eine Herausforderung, die sich als gravierender Hemmschuh aller Reformen herausstellen könnte. Nämlich, wie die Reformen eigentlich personell gestemmt werden sollen?

Bereits heute liegt der Personalengpass im Gesundheitswesen bei rund sieben Prozent. Klar, es ließe sich nun argumentieren, dass zum Beispiel im Rahmen der Krankenhausreform ja Fachkräfte freigesetzt würden, die anderswo im Gesundheitswesen Bedarf decken könnten. Aber diese Rechnung ist zu simpel, da sie nur den Jetzt-Stand einbezieht und nicht den vermehrten Renteneintritt der Babyboomer sowie den systemimmanenten Nachwuchsmangel im Gesundheitswesen berücksichtigt. Aktuellen Studien zufolge können im Jahr 2035 knapp 1,8 Millionen Stellen im Gesundheitssystem nicht mehr besetzt werden. Das für das Frühjahr 2024 angekündigte Gutachten zum Fachkräftemangel durch den Sachverständigenrat Gesundheit wird sicherlich den Blick auf die Problemlage und mögliche Lösungsansätze schärfen helfen.

Aus Sicht der Innungskrankenkassen gibt es durchaus erfolgversprechende Auswege aus dem Dilemma: Durch Delegation und Substitution könnten qualifizierte Gesundheitsberufe Engpässe im medizinischen Bereich abdecken. Die Digitalisierung bietet die Chance, Abläufe im Gesundheitswesen zu professionalisieren, zu standardisieren und zu entbürokratisieren. Prävention und Gesundheitsförderung könnten helfen, die hohen Fluktuationsraten in pflegerischen, aber auch in ärztlichen Berufen abzusenken. Schließlich könnte eine Neustrukturierung der Behandlungskette und eine hausarztzentrierte Versorgung eine effizientere Versorgung bewirken.

Aus Sicht der Innungskrankenkassen ist eine intensive politische Beschäftigung mit diesem Themenkomplex notwendig. Wir werden in diesem Jahr einen besonderen Fokus auf das Thema setzen, beginnend mit unserer nächsten Plattform Gesundheit im März 2024.