Versorgung ländlicher Regionen

Ohne kooperative Versorgungsformen und eine Neujustierung der Aufgabenteilung zwischen den Berufen in unserem Gesundheitswesen ist der demographische Wandel mit einem wachsenden Anteil älterer Patientinnen und Patienten nicht zu bewältigen.

Nötig ist ein echter Aufbruch mit wirksamen Schritten für mehr Zusammenarbeit und Vernetzung, für eine neue Aufgabenteilung zwischen den Gesundheitsberufen und für eine Ökonomie, die dem Ganzen und nicht nur dem Einzelnen dient. Ein Aufbruch hin zu einer Versorgung, in der die Gesundheit der Menschen im Mittelpunkt steht, ist auch vor dem Hintergrund von zunehmenden Problemen in der Versorgung strukturschwacher ländlicher und sozial benachteiligter Regionen von Bedeutung. Der demographische Wandel verändert nicht nur die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, sondern führt in diesen Regionen auch zum Fachkräftemangel in der Pflege, bei in der Primärversorgung tätigen Ärztinnen und Ärzten, bei Apothekerinnen und Apothekern sowie weiteren Gesundheitsberufen.

Als wichtigen Schlüssel, um diese Ziele zu erreichen, sehen wir eine stärkere regionale Verantwortung für die Versorgung. Gerade durch die Erfahrungen mit der Pandemie wurde deutlich, welche große Bedeutung ein gut funktionierender öffentlicher Gesundheitsdienst und eine gute Koordination und Integration der Gesundheitsversorgung auf der regionalen Ebene haben. Vor Ort in den Regionen gibt es das beste Wissen über die Gesundheitsprobleme in der Region und häufig auch passgenaue Ideen zu deren Lösung. Durch die gemeinsame Übernahme von Versorgungsverantwortung in der Region insbesondere durch Ärztenetze, Krankenhäuser, Krankenkasse, Gesundheits- und Pflegezentren oder Apotheken wollen wir das Interesse am gemeinsamen Handeln für die Gesundheit der Menschen fördern und das Sektorendenken überwinden.

Dabei wollen wir Grüne den Kommunen mehr Einfluss auf die Gesundheitsversorgung geben. Kommunen sind näher beim Menschen als andere Institutionen. Besser noch als andere Träger haben Kommunen die Möglichkeit, ihre eigenen Angebote und Aktivitäten beispielsweise von Gesundheitsämtern, beim ÖPNV, bei der digitalen Vernetzung sowie in der Gesundheitsförderung mit der Gesundheitsversorgung und der Pflege zu verknüpfen.

Es bedarf wirksamer Anreize, um insbesondere Krankenkassen dazu zu bewegen, sich endlich für eine solche regionale Versorgung einzusetzen. Wir schlagen daher vor, dass Krankenkassen, die einen solchen Gesundheitsregionen-Vertrag mit regionalen Akteuren abschließen, für jeden ihrer Versicherten in dieser Region eine höhere Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds erhalten. Zugleich müssen die Gemeinsamen Landesgremiennach §90a SGB V aufgewertet werden. Sie sollen künftig verbindliche Entscheidungen für solche Gesundheitsregionen-Verträge in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Regionen treffen können.

Ländliche strukturschwache Regionen benötigen darüber hinaus gezielte Hilfe vor allem beim Aufbau von Gesundheitsregionen. Daher schlagen wir vor, geeignete Akteurinnen oder Akteure vor Ort dabei zu unterstützen, Gesundheitsregionen zu gründen. Hierzu gehören etwa der Aufbau der notwendigen Managementstrukturen, Beteiligungsmöglichkeiten für die Menschen vor Ort, sowie die laufende Evaluation der Versorgungsqualität. Darüber hinaus sollte der barrierefreie Zugang zu Versorgungseinrichtungen, der Aufbau von bedarfsgerechten Angeboten der Primärversorgung, sowie passgenaue Konzepte für die Geburtshilfe und Hebammenversorgung gefördert werden.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther, MdB

Sprecherin für Gesundheitsförderung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen